Unsere Entstehungsgeschichte

„Anfänge Burgenländischer Pfarren“

von Josef Rittsteuer

Die Gemeinde führte im Laufe der Zeit mehrere Namen, die nur schwer mit der heutigen Bezeichnung in Verbindung zu bringen sind.
Die erste urkundliche Nennung erfolgte im Jahre 1208. Damals gründeten Graf Poth von Wieselburg und Chepan von Bács das Benediktinerkloster Leiden (Lébeny, Ungarn). König Andreas II. gibt dazu die Erlaubnis und lässt die Grenzen festlegen. Dabei wird „Ceud“ als Grenzgemeinde genannt, das heutige Deutsch Jahrndorf.

Im Jahre 1266 schenkt König Béla IV. dem Oberstallmeister Herrand das Dorf Karlburg (Rusovo, Slowakei), um dort eine Grenzburz zu errichten. In diesem Zusammenhang wird erneut unser Deutsch Jahrndorf genannt, diesmal mit der Bezeichnung „Geud“. Im Jahre 1267 nehmen Leute aus Deutsch Jahrndorf an der Begehung des verödeten Dorfes Sasun teil, in dem es die Ruine einer St. Laurentiuskirche gibt. Diesmal heißt unsere Gemeinde „Guüd“.
Man vermutet, dass ein altungarischer Personenname Gyeudi mit bulgarisch-türkischem Ursprung der erste Besitzer des Dorfes war und der Ortschaft den Namen gab. Sie stammt also aus dem 11./12. Jahrhundert.

Ein „Jarendorf“ wird erst im 15. Jahrhundert genannt. Daraus wird erst nach der Neubesiedlung der verödeten Gemeinde Radendorf durch Kroaten ein Deutsch Jahrndorf, während das neue Radendorf den Namen Kroatisch Jahrndorf führte (heute Jarovce). Dieses alte Radendorf war schon im jahre 1525, wir wir aus dem Ungarisch-Altenburger Urbar ersehen, ganz verödet, ist also nicht erst von den Türken 1529 zerstört worden.
Das Gebiet von Deutsch Jahrndorf ist alter Siedlungsboden. Aus der Bronzezeit wurde ein irdener Topf mit ca. 230 Münzen, z.T. aus Gold, entdeckt. Auch Funde aus der Awarenzeit konnten festgestellt werden und nicht zuletzt aus der Römerzeit.

Es wurde in der älteren Literatur manchmal berichtet, die mächtigen Kirchtürme von Parndorf, Neudorf und auch von Deutsch Jahrndorf seien auf den Fundamenten römischer Wachttürme errichtet worden. Das ist bei Deutsch Jahrndorf nur sehr schwer möglich. Denn in der Visitation des Jahres 1659 wird von einem Holzturm bei der Kirche von Deutsch Jahrndorf geredet, der allerdings sehr hoch ist. Im Jahre 1680 ist erst ein Steinturm vorhanden mit 2 Glocken und einer Turmuhr.

Da es sich bei diesem Kirchturm, wenigstens im unteren Teil, um ein rumanisches Bauwerk mit zwei kleinen romanischen Fenstern, handelt, die in der Gotik spitzbögig verändert wurden, wäre es denkbar, dass auf diesem „Turm-Rest“ nach einer Zerstörung der Gesamtkirche ein „hohes“ Holzgestell aufgesetzt wurde, so dass der Visitator 1659 von einem Holzturm sprach. Später ist dann der Turm vorhanden. Dieser Rest aus romanischer Zeit mit dem mittelalterlichen Kreuzrippengewölbe ist heute noch erhalten.
Die Barockisierung und Vergrößerung der Kirche, wie sie heute vorhanden ist, erfolgte vielleicht im Zusammenhang mit der Neu-Errichtung der Pfarre (1738). Am 1.Juni 1743 ist der kaiserliche Postmeister Johann Michael Purkstaller gestorben, der sowohl für die Kirche als auch für die Errichtung der Pfarre viel geleistet hat.

Die Pfarre

In vielen vorreformatorischen Pfarren, die untergegangen sind und erst in späterer Zeit „neuerrichtet“ wurden, ist gewöhnlich nur eine romanische oder gotische Kirche vorhanden, die als Beweis für eine alte Pfarre dienen muss. Bei Deutsch Jahrndorf haben wir einen ganz eindeutigen Beweis für die mittelalterliche Pfarre.
Im Jahre 1403 verkaufen Ulrich Kanndorfer und sein Stiefsohn Hans Beier ihren Hof in Deutsch Jahrndorf „zu nächst dem pfarrhoff“ einen gewissen Erhard dem Maren. Wo es einen Pfarrhof gibt, muss auch ein Pfarrer vorhanden sein. Und ein Pfarrer hat auch eine Pfarre zu betreuen. Die Pfarre in Jahrndorf stammt also aus der Zeit vor 1403.

Durch den Türkenzug nach Wien im Jahre 1529 hat Deutsch Jahrndorf schwer gelitten. Die Hälfte der Gemeinde gehörte damals zur Herrschaft Ungarisch Altenburg, wie das Urbar von 1546 sagt, und war zum Teil verödet. Gelegentlich kommt der Pfarrer Johannes von Ragendorf (Rajka), um hier Gottesdienst zu halten. Damit ist erwiesen, dass die alte Pfarre Deutsch Jahrndorf aufgehört hat zu existieren. Sie gilt seither als Filiale von Ragendorf.
Nachdem sich diese Gemeinde dem Protestantismus zugewendet hatte und von evangelischen Pastoren betreut wurde, teilte auch Deutsch Jahrndorf dieses Schicksal.

Im Jahre 1635 wagte es Frau Katharina Forgách, geb. Pálffy, die Kirche den Evangelischen wegzunehmen und sie den Katholiken zur Verfügung zu stellen. Aber im Jahre 1647 kommt die Kirche wieder in den Besitz der Evangelischen, weil sie im „Normal-Jahr“ 1624 bereits den Evangelischen zur Verfügung stand. So war es im Frieden von Linz (1645) bestimmt worden.

In der Kanonischen Visitation des Jahres 1659 heißt es, nur der Richter, ein Bauer und 6 Kleinhäusler seien katholisch. Dazu kommen noch 2 Männer, die in der Gutsverwaltung des Grundherrn Graf Zichy beschäftigt sind, zusammen etwa 50 Gläubige.

Aus Ragendorf kommen sowohl der evangelische als auch der katholische Pfarrer nach Deutsch Jahrndorf. Während der evangelische Pfarrer hier den Gottesdienst in der Kirche hält, muss der katholische Pfarrer Kasimir Kudrevicz, wenn er an jedem 3. Sonntag im Monat kommt, in einem Haus, das der Grundherr zur Verfügung stellte, später in einer Scheune die hl. Eucharistie feiern.

Eine radikale Änderung erfolgte im Jahre 1671. Damals übernahmen die Katholiken die Kirche und der evangelische Gottesdienst wurde eingestellt. Nach dem Bericht der kanonischen Visitation des Jahres 1680 haben die Bewohner von Deutsch Jahrndorf geschworen, sie wollten als „Katholiken leben und sterben“. Trotzdem ist sich der katholische Visitator bewusst, dass dem Ragendorfer Pfarrer Johann Stelzl (um 1680) und seinem Nachfolger Michael Mattjasewitsch noch viel Arbeit bevorsteht, um die „kalten“ Katholiken wirklich „bekehren“ zu können.

Im Zusammenhang mit der Visitation des Jahre 1696 musste festgestellt werden, dass die Deutsch Jahrndorfer mit Ausnahme von 4-5 Familien alle evangelisch seien. Es lebten damals 238 Menschen hier. Im Jahre 1713 standen den 199 Katholiken 325 evangelische Christen gegenüber. Heute ist das Verhältnis 380 zu 285 zugunsten der Katholiken.

Gotische Monstranz

Im Jahre 1784 kaufte der damalige Pfarrer von Deutsch Jahrndorf, Philipp Toth, von der Ungarischen Kammer in Preßburg eine große Monstranz um den Betrag von 277 fl. Sie stammte aus dem Besitz des aufgehobenen Klarissenklosters in Preßburg. Es war eine sehr wertvolle gotische Arbeit aus der Zeit um 1515, ganz aus Silber, z.T. vergoldet. Sie war allerdings für die Prozession zum Fronleichnamstag zu schwer und konnte mit einer Höhe von 95 cm im Tabernakel nicht aufbewahrt werden.

Der ungarische Kunsthistoriker Dr. Romer beschreibt sie sehr genau und bezeichnet sie als großes und berühmtes Kunstwerk. Um das Mittelstück mit dem Hostienbehälter rahmt sich neben Christus mit der Dornenkrone eine Reihe von Heiligen. Neben Maria mit dem Jesuskind, das gegen die Schlange mit einem langen Spieß sticht, die hl. Elisabeth und weitere Frauengestalten: Klara, Theresia, Barbara und Katharina. Aber auch der hl. Franziskus, Christophorus (der Christusträger), Nikolaus und der hl. Johannes der Täufer sind dargestellt. Daneben gibt es noch viele schmale hohe Türmchen, Säulchen, gotische Spitzbögen, ganz oben eine Rose mit einem Doppelkreuz.
Warum dieses wertvolle Stück unter Pfarrer Dr. Samuel Bencsik (1907-1918) verkauft wurde, ist nicht klar. Das Geld ging durch die Geldentwertung nach dem Ersten Weltkrieg verloren. Der Raaber Bischof Dr. Arpád Váradi (1911-1914) bezahlte dafür 30.000 Kronen.
Die Monstranz befindet sich nun im Besitz der Raaber Domkirche.